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Gut’ Holz? Hölzer und Materialien zur Herstellung des Klarinettenkorpus


Klarinetten von Schwenk und Seggelke aus Mopane und Buchsbaum

Das Holz für eine Klarinette ist mehr als nur das Material, in dem die Mechanik befestigt wird. Wenn aus einem Stück Holz ein Korpus für eine Klarinette werden soll, spielt die innere und äußere Oberflächenstruktur, das Gewicht und die Dichte des Holzes eine entscheidende Rolle für das Klangverhalten und das gewünschte Blasgefühl und Klangspektrum des fertigen Instruments. Das traditionell verwendete Grenadillholz zählt wie viele Tropenhölzer zu den bedrohten Arten, deren Nutzung, etwa im Instrumentenbau, problematisch ist. Trotz strenger Handelsvorschriften nehmen die Ebenholz-Bestände rapid ab. Welche verschiedenen Holzarten kommen heute hauptsächlich zum Einsatz und welche synthetischen Materiale stellen mögliche Alternativen zu den von Raubbau bedrohten Hölzern dar? Dieser kurze Blogeintrag gibt einen Überblick. Ein herzliches Dankeschön gilt meinem Kollegen, dem wunderbaren Klarinettisten Mingzhe Wang für die tollen Fotos aus der Werkstatt von Jochen Seggelke.


Grenadillholz (Dalbergia Melanoxylon) aus dem Norden von Mosambik und Tansania: Das seit mehr als einhundert Jahren gängige Material für alle Orchesterinstrumente, mit seiner enormen Dichte erreicht die höchste Brillanz im Klangspektrum, ein zentrierter, fokussierter und ausgeglichener Klang ist das Resultat. Die Bäume, die zur Herstellung von Musikinstrumenten ausgesucht werden, sind idealerweise zwischen sechzig und siebzig Jahren alt.


“Greenline” ist ein von Buffet-Crampon im Klarinetten- und Oboenbau eingesetztes Material aus Grenadillpulver, Carbonfaser und Epoxidharz, das der Dichte des traditionell eingesetzten Grenadillholzes sehr nahe kommen soll. Ebenso sollen die akustischen Eigenschaften von “Greenline”-Klarinetten identisch gegenüber denen der Holzklarinetten sein. Das Material ist absolut stabil, selbst starke Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen können dem Greenline-Korpus nicht zusetzen. Eine Rissbildung tritt nicht auf. Die deutschen Instrumentenbauer Leitner und Kraus fertigen in einem wohl sehr ähnlichen Verfahren (“gegossenes Holz”) Rohlinge für deutsche und französische Mundstücke in deren patentierten Verfahren, “linea verde".


Klarinetten au Buchsbaum (links) und Mopane (rechts)

Buchsbaum (Buxus sempervirens) aus Frankreich und der Türkei: Seit der Entstehung der Klarinette vor über 300 Jahren kam Buchsbaum im Instrumentenbau zum Einsatz. Jedoch ist Buchsbaum seit Beginn des 20. Jahrhunderts aufgrund industrieller Fertigung und der Möglichkeit, exotische Hölzer über die Kolonien zu importieren, immer seltener verwendet worden. Zudem stand das Holz auch wegen des sehr langsam nachwachsenden Bestandes kaum in der nötigen Menge zur Verfügung. Der tendenziell weichere Klang einer Buchsbaumklarinette überzeugt nicht nur bei Nachbauten historischer Klarinetten, sondern inzwischen auch im Neubau moderner Instrumente. Die Instrumentenbauer Schwenk und Seggelke, Leitner und Kraus und inzwischen auch Buffet Crampon bauen Klarinetten aus diesem Material.


Cocobolo (Dalbergia retusa): Cocoboloholz wächst, inzwischen in stark begrenzter Verfügbarkeit, vorwiegend in den Wäldern Mittelamerikas und wird neben Grenadillholz schon lange Zeit im Holzblasinstrumentenbau eingesetzt. In der Werkstatt von Wurlitzer wird Cocobolo traditionell im Solistenmodell für den Schallbecher eingesetzt. Cocoboloholz weist eine dunkelbraune Färbung mit einer leicht rötlichen Zeichnung auf. Lange gelagert und geölt dunkelt es rasch nach und ist dem Grenadillholz nicht unähnlich. Wolfgang Dietz schreibt: “Klarinetten aus diesem Holz überzeugen sowohl durch ihr geringeres Eigengewicht als auch durch die direktere Ansprache. Ferner entsteht ein klarer und eher hellerer Klang.” Leider kann der Staub bei der Verarbeitung des Holzes zu Gesundheitsstörungen und Allergien führen.


Mopane (Colophospermum mopane), ein Holz, das lediglich mit seinem afrikanischen Namen bei uns bekannt ist. In der Dichte und dem Gewicht ist es Grenadill (das bei den Afrikanern "Mpingo" genannt wird - hier ist die Nähe erkennbar) sehr ähnlich, hat aber einen anderen Faserverlauf und eine andere Farbe. Nach der Oxidation und dem Ölen wird es tief rot. Wer schon auf Buchsbaum-Klarinetten gespielt hat und ohnehin die Eigenschaften von Grenadill kennt, wird das Gefühl haben, Mopane fülle genau die Mitte zwischen den beiden anderen Hölzern aus. Es hat etwas weniger Brillanz als Grenadill, ist in seiner Kompaktheit dem Buchsbaum nahe und wird dadurch zu einer eigenen Stimme. Seine Oberfläche lässt sich sehr dicht gestalten, was Kompaktheit und Fokus in den Klang bringt. Die Holzfaser ist aber weniger lang als beim Grenadill, das nimmt die Stärke mancher hohen Partialtöne.



Klarinettenbirnen aus Grenadill (oben), Buchsbaum und Mopane

Swiss Ebony: Forschende der Empa und der ETH Zürich haben gemeinsam das Start-up «Swiss Wood Solutions» gegründet und einen Weg gefunden, Schweizer Hölzer so zu modifizieren, dass sie die Eigenschaften bedrohter Tropenhölzer wie Ebenholz oder Grenadill aufweisen. Letzteres wird vor allem für den Bau von Klarinetten und Oboen verwendet. Dabei wird Schweizer Bergahorn aus nachhaltiger Waldwirschaft zugeschnitten und in einer wässrigen Lösung eingelegt. Danach wird das Holz getrocknet und mittels dem Heisspressverfahren komprimiert. Dies erlaubt es, Holzeigenschaften wie Dichte, Farbe, Schalleitungsgeschwindigkeit, die für den Instrumentenbauer besonders wichtig sind, gezielt einzustellen. "Swiss Ebony” ist eines der nachhaltigsten und spannendsten Projekte im Ringen um Nachhaltigkeit im Instrumentenbau. Neues rund um “Swiss Ebony” im Klarinettenbau erfahren Sie auf der Website von Robert Stempfle aus Zürich.


Kautschuk: Ebonit oder Ebonite (früher auch Vulkanit und Vulcanite) wird zwar gern in die Gruppe der Kunststoffe eingeordnet, ist aber eigentlich nur kunststoffähnlich. Während viele Hersteller aus China billige Kautschukklarinetten zuhauf auf den Markt bringen, kann man auch hochwertige Klarinetten im französischen Griffsystem von Thomas Ridenour erwerben. Kautschuk ist freilich kein synthetisches Material und ist uns Klarinettisten natürlich schon seit jeher von den Rohlingen unserer Mundstücke bekannt. Gute Kautschukklarinetten haben eine hervorragende Ansprache, einen ausgeglicheneren Blaswiderstand und sind sehr stabil hinsichtlich der Intonation und Farbgebung. Natürlich können Musikinstrumente aus Kautschuk nicht reißen und haben absolut stabile Bohrungsdimensionen. Gerade bei seltener gespielten Nebeninstrumenten oder häufig wechselnden klimatischen Bedingungen scheint mir dieser Werkstoff- ähnlich Greenline oder Linda Verde - eine äußerst interessante Alternative.


ABS-Kunststoff: ABS und (Poly)Acryl hingegen sind echte Kunststoffe. Meines Wissens nach wird Plastik lediglich bei den preisgünstigsten Musikinstrumenten zum Einsatz gebracht. Plastikklarinetten gibt es zum Beispiel auch von Buffet Crampon, dort ist dann immerhin laut Website das Tonlochnetz und die Bohrung identisch mit den höherwertigen Buffet-Klarinetten und die Intonation hinnehmbar. Plastikklarinetten findet man leider hierzulande auch immer wieder in pädogischen Schulprogrammen oder als Schlechtwetterinstrument in der Blaskapelle. Im professionellen Bereich werden Plastikklarinetten bisher nicht eingesetzt.

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